Teil 2 – Trier bis Dijon
Tag 8 – 25.03.2014 – Merzkirchen (27km)
Der erste Tag als richtiger Pilger, keine Landkarte, nur Reiseführer und die Muschelwegweiser.
Die ersten Kilometer musste ich auf der Landstraße quer durch Trier stadtauswärts nehmen, bevor es auf dem ruhigen asphaltierten Moselradweg weiter bis nach Konz ging. Über einen Radweg, der leider seit 2002 durch eine Baustelle behindert ist, kam ich nach Tawern. Hier genehmigte ich mir eine heiße Schokolade und zwei Donuts.
Anschließend lief ich hinauf auf den Metzenberg zu einer alten römischen Tempelanlage. Durch den Wald hindurch nach Mannebach-Kümmern und auf einen Trampelpfad nach Fisch.
Sanft bergab führte der Weg bis zur Rehlinger Kirche, leider hatte diese geschlossen. Im Reiseführer stand „offen von 8-20 Uhr, mit Stempelgelegenheit“.
„Naja, dieser nun auch schon fünf Jahre alt. Dann verzichte ich halt auf den Stempel, Schade.“ Dachte ich.
Auf einen Feldweg kam ich vorbei am Rehlinger Hof und ging weiter auf einer Straße nach Körrig.
Hier sprach mich eine nette ältere Dame spontan an. Sie war sehr erstaunt, warum Ich denn zwei Paar Schuhe mit rumschleppte. Als ich ihr dann erzählte, dass ich auf den Weg nach Santiago in Spanien bin, war sie noch mehr erstaunt und wünschte mir alles Gute. Die letzten drei Kilometer nach Merzkirchen verliefen dank des Sonnenscheins dann wie Fluge.
In der Pilgerherberge von Marys Destillerie wurde ich wundervoll aufgenommen. Abends bereitete Sie mir eine Kleinigkeit zu Essen zu und ich schrieb mich noch in Ihr Gästebuch ein.
Morgen gehts dann nach Frankreich, das Land welches ich als Erstes von Osten nach Westen komplett durchlaufen werde.
Seit heute realisiere ich erstmals, was ich mir da überhaupt vorgenommen h, aber von Selbstzweifeln keine Spur.
Tag 9 – 26.03.2014 – Perl (18km)
Eher unfreiwillig bin ich heute in Perl, auf der deutschen Seite im Drei-Länder-Eck (Deutschland, Luxemburg, Frankreich) gelandet.
Am gestrigen Abend bzw. auch noch am Morgen war geplant an diesem Tag nach Frankreich rein zu wandern und bis nach Sierck-les-Bains zu kommen. Beim Frühstück las ich jedoch, dass es dort keine Herberge gab und der ansässige Pfarrer auch nur im Notfall Pilger aufnimmt. So fragte ich Mary, ob es vielleicht nun doch eine Herberge in dieser Stadt gibt. Sie verneinte es und meinte, dass ich doch lieber noch mal in Deutschland schlafen sollte. Denn 25 Kilometer nach Sierck und weitere 19 bis nach Kedange, das war dann doch auch zu viel für mich. Also nur knapp 20 Kilometer bis nach Perl.
Der Weg führte über Feldwege nach Borg, hier sollte eigentlich ein kleiner Lebensmittelladen sein. Nur wo? Schade, dass dieser nicht mehr da war, hier hätte ich mir gerne eine Kleinigkeit zu Essen gekauft.
Auf einen Radweg kam ich über Felder und später durch schöne Weinberge nach Sehndorf, bereits einem Stadtteil von Perl. Von hier war es nur noch ein Katzensprung nach Perl.
Schnell fand ich auch eine gute Bleibe für die letzte unfreiwillige Nacht in Deutschland, ein nettes kleines Gästehaus. So war der Tag nun bereits um etwa 14 Uhr vorbei. Über die ersten Tage in Frankreich muss ich mir nun neue Gedanken machen.
Tag 10 – 27.03.2014 – Kedange-sur-Canner (25km)
In Perl kam ich sehr schnell bergab zur Mosel. Von hier ging es über eine Brücke auf die andere Seite und ich befand mich schon in Schengen, Luxemburg.
Entlang einer schöngestalteten Uferpromenade ging es aus der Stadt heraus und wenig später rechts hinauf in die Weinberge. Etwas Abwechslung bekam ich hier durch einige kleine Waldabschnitte.
Nach einiger Zeit traf ich auf zwei Bauern, die an den Weinreben arbeiteten. Ich begrüßte die beiden mit einem „Bon Jour“ und trabte weiter. Keine 20 Meter weiter, hörte ich den einen Bauern etwas Lautes sagen und drehte mich um. Er kam auf mich zu und deutete mir an, dass es „Da lang“ (gerade aus) nicht weiter ginge, natürlich auf Französisch. Ich verstand es aber anhand seiner Zeichensprache ganz gut und bedankte mich. Dann fragte er noch: „Deutsch?“ Ich. „Ja, ja.“ So erzählte er mir es noch einmal in gebrochenem Deutsch.
So musste ich nun noch mal ein Stück bergauf und kam schließlich bergab in ein Dorf, keine Ahnung welches.
Hier lief ich erst einmal in Richtung Kirche, das kann nicht falsch sein, vorbei an einem Haus mit der Aufschrift Mairie. Mir kam in den Sinn, dass das die Gemeindeverwaltungen in Frankreich sind und das jeder Pilger dort ein Stempel bekommt. Die netten Leute verstanden mich und sprachen dann auch auf Deutsch mit mir. So bekam ich den ersten Stempel außerhalb Deutschlands und erzählte ihnen von meinem Ziel.
Ich folgte den gelben Strichen, welche sich an Straßenlampen und Strommasten befanden, durch die kleine Stadt. Obwohl ich nicht mal wusste, ob diese den Jakobsweg markierten.
Nach einer Weile kam ich an einem Sportplatz heraus und der Weg führte von hier wieder in den Wald hinein. Ich wurde stutzig. „Das kann nicht sein, ich musste doch irgendwann wieder auf die andere Seite der Mosel.“
Also wieder ein Stück zurück, Richtung Fluss und über eine Brücke auf die andere Seite. Endlich kam ich in Sierck-les-Bains an. Hier sollte es immer an der Mosel entlang bis zu einer kleinen Touristeninformation. Diese kam jedoch auch nach einigen Gehminuten nicht. „So groß konnte doch die Stadt nicht sein.“ Ich fragte zur Sicherheit in einer Apotheke nach dem Weg. Die nette Frau deutete mir an, dass ich nur immer weiter geradeaus laufen musste. „Also gut.“ Und siehe da, nach weiteren fünf Minuten, die Touristenformation.
Hier ging es dann nach rechts hinauf zu einer Burg, immer weiter bergauf und wieder in einen Wald hinein.
Vorbei an Feldern und über einen verlassenen Hof kam ich nach Freching. Weiter über einen Waldweg zum Hof La Chartreuse. Hier sah ich plötzlich etwa 200 Meter vor mir eine Gestalt laufen, anscheinend mit großem Rucksack, ein Pilger?
Wieder durch einen kleinen Wald hindurch kam ich der Person immer näher. Als ich schließlich den Wald verließ, traf ich auf diese: ein Pilger, Otto aus Leverkusen. Er war bereits seit 14 Tagen unterwegs (also etwas länger als ich).
Gemeinsam liefen wir durch den Weiler Sainte Marguerite und weiter teilweise steil bergauf und bergab bis nach Kedange-sur-Canner.
Im örtlichen Hotel fanden wir ein gutes Zimmer für je 65 € mit Halbpension.
Tag 11 – 28.03.2014 – Metz (32km)
Die erste Nacht in Frankreich verflog wie im Fluge und wir brachen gemeinsam nach dem Frühstück gegen halb acht Uhr auf.
Mal sehen, wie lange wie zusammenlaufen werden.
Auf der Straße ging es zunächst über Hombourg-Budange, Budange, Aboncourt nach St. Hubert. Alles in allen sollten dies laut Reiseführer 11,5 Kilometer gewesen sein. Das konnte ich jedoch kaum glauben, da wir nur knapp über zwei Stunden benötigt hatten.
Hinter Vigy konnten wir die Landstraßen endlich auf Feldwegen verlassen. Einmal kreuzten wir noch eine Nationalstraße und kamen später direkt nach Metz. An der Kreuzung stand mitten in der Landschaft ein kleines Café, in einem etwas heruntergekommenen Haus. Hier bestellten wir uns eine Cola und einen Kaffee. Als wir bezahlen wollten, wollte die ältere Dame kein Geld sehn und deutete uns an, dass wir Pilger sind und Sie es uns kostenlos gibt, Danke.
Schließlich in Metz angekommen fanden wir unweit der Kathedrale nettes kleines Hotel für 65 Euro pro Nase, zwar ohne Verpflegung, aber was solls.
Beim Rundgang durch die Altstadt holten wir uns auch einen Stempel in der Kathedrale. Ein paar kleine Gassen weiter entdeckte ich doch allen Ernstes ein Irish Pub. Hier genoss ich ein kühles Guinness und Otto ein Kilkenny.
Nach dem Abendessen, es war bereits schon dunkel geworden, schauten wir noch einmal kurz an der Kathedrale vorbei. Ein echter Blickfang, wie die durch die Flutlichtscheinwerfer angestrahlt wurde.
Tag 12 – 29.03.2014 – Pont-à-Mousson (40km)
Unfreiwillig waren wir in Pont-à-Mousson gelandet.
In der Früh ging es immer entlang der Mosel hinaus aus Metz und auch die ersten Kilometer hinter der Stadt.
In Aney-sur-Moselle schwenkt der GR5, welcher hier parallel mit dem Jakobsweg verläuft, auf die andere Seite der Mosel, entlang eines alten Aquäduktes.
Über Felder und zwei kleine Dörfer führte uns der Weg wieder zu Mosel hin und in Novéant-sur-Moselle zurück auf die andere Seite. Vorbei an Pagny-sur-Moselle nach Vandières, hier sollte sich eigentlich direkt an der Hauptstraße eine Herberge befinden, diese fanden wir auch schnell, nur leider: geschlossen, Mist.
Wir fragten ein paar Einwohner nach einer weiteren Herberge, hier im Ort. Keiner konnte uns jedoch wirklich weiterhelfen.
Ich lief dann einfach den Weg weiter, was sollte man schon anderes machen. Otto ließ ich mehr oder weniger einfach stehen, er fragte immer wieder noch mehr Leute.
Im schnellen Schritt erreichte ich Norroy-lès-Pont-à-Mousson (was für ein langer Name), hier fragte ich bei einem Bauern nach Wasser.
Weiter ging es durch einen Wald nach Montauville, hier hindurch nach Pont-à-Mousson. Zwar nicht mehr auf den Jakobsweg bzw. den GR5 gelegen aber das war nun auch egal, irgendwie wird es schon wieder zurückgehen.
In den ersten beiden Hotels, an denen ich vorbei lief, versuchte ich mein Glück ein Bett zu bekommen, komplett belegt.
Meine nächste Hoffnung war die Touristenformation, die hatte auch zum Glück noch offen. Nach ein paar Wörtern englisch und französisch stellte sich heraus, dass die nette Frau relativ gutes Deutsch sprach. Sie suchte mir ein Hotel fast direkt an der Abtei heraus und reservierte mir auch gleich ein Zimmer. Danke, danke.
Zum Schluss gab sie mir noch einen Stempel in meinen Pilgerpass.
Auf den Weg zum Hotel traf ich auch wieder Otto. „Siehe da er ist also auch weitergelaufen.“ Im Hotel war auch für ihn noch ein Zimmer frei.
Seit drei Tagen habe ich nun das schönste Wetter und es soll noch weitere fünf Tage so bleiben, zumindest laut Wetterbericht auf BBC.
Tag 13 – 30.03.2014 – Toul (38km)
An diesem Tag musste es bis nach Toul gehen, denn zwischen dem nächsten Ort Dieulouard, nur acht Kilometer entfernt, und Toul lagen keine Unterkünfte.
Der Weg nach Dieulouard begann wieder entlang der Mosel, später dann leider weiter auf der Landstraße.
In Dieulouard angekommen folgte noch ein Neubaugebiet und schließlich führte der Weg wieder über Felder und durch Wälder nach St. Georg und weiter nach Saizerais, diese beiden Dörfer sind wie Petersberg und Fulda zusammengebaut worden.
Von hier aus lief ich nur noch durch Wald, Wald und Wald. Bis man urplötzlich wieder an der Mosel stand. Auf der Straße geht es rund um eine Bucht herum, an derer Kopf sich ein Café mit Tretbootverleih befindet.
Hier hätte ich mir auch sehr gerne eine Cola o.ä. geholt, aber mir war es viel zu voll und zu laut. Also weiter.
Über einen Radweg immer entlang der Mosel. Alle 500 Meter stand nun ein Kilometerstein für den Schiffsverkehr. Ich startete bei 360 und Toul selbst lag bei Kilometer 369. Meine Kräfte und Ausdauer schwanden, denn die Sonne heizte alles schön auf und Schatten gab es höchstens mal unter einer Brücke.
Nach etwas mehr als zwei Stunden, endlich der erste Blick auf Toul. Hier lief ich dann nur noch in Richtung Kathedrale, seit 2009 soll sich hier laut Reiseführer eine kleine Touristeninformation befinden. Ich hatte diese dann auch schnell gefunden, nur leider hatte diese heute geschlossen. So lief weiter zum Place de 3 Evéches. Hier sollte sich das ABC-Hotel befinden. „Vielleicht haben die ja noch ein Zimmer frei.“
Tatsächlich fand ich hier ein freies Bett und legte mich dann gegen 18 Uhr erst einmal hin.
Als ich etwa zwei Stunden später vom Essen wieder kam, sah ich Otto. Er hatte es also auch bis nach Toul geschafft. In St. Georg hatte ich ihn irgendwie aus den Augen verloren.
Tag 14 – 31.03.2014 – Autreville (30km)
Von Toul aus liefen wir etwa eineinhalb Stunden bis in den nächsten Stadtteil Écrouves. Hier ging es vorbei an einer Kaserne mit anschließendem Soldatenfriedhof. Leider war hier das Fotografieren strengsten untersagt.
Links über eine Landstraße führte uns der Weg nach Bois le Comte und weiter steil bergauf in den oberen Teil des Ortes Domgermain.
Diesen Ort sollte man eigentlich unten an einer Bahngleise bei einem Wasserspeicher erreichen und nicht hier oben. Aber wenn wir schon mal hier oben waren, holten wir uns in der Mairie einen Stempel und suchten uns dann eine Straße zum unteren Teil der Stadt.
Kurz hinter der Stadt, merkte ich plötzlich, dass Otto nicht mehr da war. „Naja, wer weiß, wo er hängen geblieben ist.“ Dachte ich. Entlang der Landstraße ging der Jakobsweg über die Orte Mont-le-Vignoble, Blénod-les-Toul nach Bulligny.
Auf den folgen kleinen Stück Straße nach Bagneux hatte ich eine sehr nette Pilgerbegegnung.
Plötzlich hielt ein Auto neben mir. Eine älteren Dame ließ das Beifahrerfenster runter und sprach mich an, natürlich auf Französisch. Das, was ich aber verstehen konnte, war: „Wohin gehst du oder sie?“
Ich deutete in meinen Reiseführer auf den Ort Autreville. Sie war erstaunt, dass es noch so weit gehen sollte und so bot sie mir zwei Bananen an. Ich lehnte erst ab, aber sie ließ nicht locker und so nahm ich dankend an. Sie fuhr weiter und ich lief weiter.
Nach einigen Metern kam mir in den Sinn, dass ich nun bereits seit zwei Wochen unterwegs war und das nur zu Fuß.
In Bagneux zeigte mir ein selbst gebastelter Jakobsweg-Wegweiser, wo es lang ging.
Nun führte der Weg weiter über eine alte Römerstraße, immer nur gerade aus. Nach 2,5 Kilometern kreuzte diese die D4. Hier befand sich eine Kartbahn, wo man eigentlich auch kalte Getränke kaufen konnte. So wie das Gebäude allerdings aussah, war hier schon seit einiger Zeit kein Kart mehr gefahren. Schade.
Kilometerlang nur geradeaus kreuzte ich zwei Landstraßen, einen ausgetrockneten Bach und eine alte Bahnlinie.
Irgendwann kam man dann hinauf auf eine Kuppe, von hier oben sah ich bereits einen asphaltierten Weg. Dieser führte mich wenig später direkt nach Autreville. Endlich angekommen. Diese Römerstraße war bisher das härteste Stück.
Hier im Dorf hatte ich bereits am Vortag ein Zimmer reserviert, die nette Betreiberin konnte nicht nur gutes Deutsch, sondern machte auch extra wegen mir bzw. später uns schon jetzt mal auf. Sie hat normalerweise erst ab Mai geöffnet. Fast zwei Stunden, nachdem ich angekommen war, kam auch Otto hier an. Er hatte sich irgendwo auf der Strecke kurz verlaufen.
Für uns beide bereitete sie am Abend ein geschmackvolles 4-Gang-Menü zu. Leberwurst mit selbstangebauten Radieschen, Quiche Lorraine mit Salat, Lachs mit Kartoffeln und Gemüse und zum Abschluss noch selbstgemachten Schokoladenkuchen mit Eis. Dieser Kuchen war sogar besser, als der den ich als Cong von der irischen Insel kenne und da dachte ich, den könnte man gar nicht mehr toppen.
Ganz nebenbei reservierte sie uns auch noch ein Zimmer für die nächsten zwei Tage.
Tag 15 – 01.04.2014 – Neufchateau (32km)
Heute früh wurden wir nach einem sehr guten französischen Frühstück herzlichst verabschiedet und bekamen sogar noch ein kleines Lunchpaket mit auf den Weg. Erst wieder zwei Kilometer Landstraße dann wieder kilometerlang die alte Römerstraße nach St. Élophe.
Von hier aus ging es eigentlich nur auf der Straße nach Neufchateu. Ein wenig vor der Stadt las ich im Reiseführer, dass früher mal ein Weg durch den Wald geplant war. Anscheinend war dieser nicht nur geplant, sondern sogar markiert wurden, denn wir fanden einen ausgeschilderten Weg und so konnten wir die Landstraße endlich mal wieder verlassen.
Fast drei Stunden später kamen wir aus dem Wald heraus und an eine viel befahrene Landstraße. Was wir hier jedoch lasen, gefiel uns überhaupt nicht. „Neufchauteu 6 km“ ein Straßenschild zeigte dies genau in die Richtung, aus der wir gerade gekommen waren. Durch den Waldweg sind wir quasi bereits nach der Stadt vorbeigelaufen. So trappten wir noch weitere eineinhalb Stunden zurück. Etwa um fünf Uhr reichen wir dann unser Hotel.
In der Touristenformation reservierte ich später noch für die nächsten paar Tage einige Unterkünfte. Die nette Frau sprach zum Glück gutes Englisch.
Tag 16 – 02.04.2014 – Saint Thibault (26km)
Die ersten elf Kilometer bis Pompierre mussten leider wieder einmal auf der Landstraße D1 bewältigt werden. Etwa auf der Hälfte der Strecke hielt ein Auto neben uns, eine ältere Frau stieg aus und fragte, ob wir Pilger auf den Jakobsweg sind. „Ja bzw. Oui“. Sie bot uns an uns mit nach Pompierre zu nehmen, wir könnten sogar bei ihr noch einen Kaffee bekommen. Wir lehnten beide dankend ab. Ich weiß zwar nicht, was Otto dachte, aber ich hatte mir geschworen, die gesamte Strecke zu laufen, außer es käme auf meine Gesundheit an. Die ist mir natürlich wichtiger als vielleicht 100 Kilometer zu Fuß. In Pompierre angekommen kam dann auch nur noch ein weiterer Kilometer auf der Straße hinzu, bis nach Sartes.
Hier ging es über Feldwege nach Sommerécourt und Vaudrecourt. Wir verließen den Weg und liefen durch den Wald. Ohne zu wissen, dass wir hier keine Wegmarkierungen mehr finden sollten. Es passierte, wie es kommen musste, denn wir wussten schnell nicht mehr, wo wir waren. Viel zu viele Wege verliefen kreuz und quer durch den Wald. So bestimmte ich an jeder Kreuzung erneut die Himmelsrichtung, mit einer analogen Armbanduhr ist das ja kein Problem. Nach fast zwei Stunden Herumirren trafen wir auf einen asphaltierten Weg und folgten diesem aus dem Wald heraus. Wir befanden uns am Fuße von Doumont. Von hier aus war es nicht mehr Weit bis nach St. Thibault.
Tag 17 – 03.04.2014 – Montigny-le-Roi (30km)
Um von Saint Thibault wieder zurück auf den richtigen Weg zu kommen, ging es ein wenig auf der Landstraße entlang. Eigentlich hatten wir uns ja bereits an das Laufen auf Straßen gewöhnt, nur diesmal war wesentlich mehr Verkehr unterwegs. In Hacaurl trafen wir schließlich wieder auf den Jakobsweg.
Nun ging es weiter über Doncourt, Levécourt bis zur Hofanlage Dardu. Alle Verbindungen waren zwar auch auf Straßen, bei weitem aber nicht so befahren wie die Erste.
Hinter Dardu sollte dann eigentlich der Weg nach links in einem Feldweg münden, nur diese Abzweigung blieb aus. Wir liefen also weiter bis nach Audiloucourt und von hier schlugen wir uns dann über Feldwege nach Meuvy. Über eine sehr wenig befahrene Landstraße kamen wir über Bassoncourt und Lenizeul, nach Montigny-le-Roi.
Im einzigen Hotel im Ort hatte ich bereits Zimmer für uns reserviert. Otto regte sich ein wenig auf, da es 71 € kostete: „Meinen Sie nicht, das ist ein wenig zu viel für einen Pilger?“ sagte er in harten Ton zum Hotelier. Wollte er noch 10km weiter laufen oder was?
Am Abend versuchte ich zusammen mit dem aufmerksamen Hotelier, nachdem ich mich für Ottos Aussage entschuldigte, noch eine Unterkunft für Sonntag (06.04.) zu finden bzw. dann gleich zu reservieren. Leider ohne Erfolg.
Tag 18 – 04.04.2014 – Langres (25km)
Als ich am Morgen in den Himmel sah, machte ich meinen Rucksack gleich regenfest. „Sollte es nun nach über einer Woche mal wieder regnen?“
Wir hassten es zwar beide, aber die ersten Kilometer führten wieder über die Landstraße nach Chauffort. Etwa zwei Kilometer dahinter führte dann der Weg nach rechts in einen Wald, in welchem wir uns mal wieder verliefen, aber schließlich doch in Chagny ankamen. An einem Stausee machten wir auf einem kleinen Picknickplatz eine ausgedehnte Pause, um für die letzten zehn Kilometer nach Langres gestärkt zu sein.
Die Altstadt von Langres lag auf einem kleinen Hügel, den wir über einen teilweise sehr steilen Weg bewältigten mussten. Zu allem Übel kamen wir dann auch noch an einer Stelle in die Altstadt hinein, wo wir nicht mehr wussten wo wir waren.
Ich schaute mich um und sah einen Wegweiser zum Rathaus. „Vielleicht finden wir dort einen Stadtplan.“
Am Rathaus fragten wir dann einige Leute und eine Frau gab uns dann sogar einen kleinen Stadtplan mit. So konnten wir uns dann wenigstens orientieren.
Auf dem Weg durch die Altstadt liefen wir an einem kleinen Hotel „Hotel de la Poste“ in einem wunderschönen alten Haus vorbei. Hier fragten wir nach Zimmern. „Ja wir haben noch was frei, allerdings nur ein Zimmer, aber mit zwei getrennten Betten.“
„Nehmen wir!“, sagte ich. Getrennt voneinander, nicht das, das schlimm war, liefen wir am späten Nachmittag durch die Altstadt.
Auch wenn der Himmel heute den ganzen Tag danach aussah, es regnete nicht. Nun bereits seit Merzkirchen, seit zehn Tagen.
Tag 19 – 05.04.2014 – Auberive (34km)
Nach dem wunderbaren Frühstück, endlich mal ein kontinentales Büffet, machten wir uns auf die heutigen 34 Kilometer.
Hinter der Stadtmauer folgten wir einfach den Markierungen des GR7, so wie es der Reiseführer vorschlug. An einer Wegkreuzung war dann leider keine Markierung mehr zu sehen. Hier gingen wir gerade aus. „So wie es üblich ist, wenn kein Pfeil o.ä. zu sehen ist.“ Dachten wir zumindest.
Etwa zehn Minuten später kamen uns zwei Frauen entgegen. Die beiden fragten wir dann doch mal lieber, ob wir noch richtig waren. Sie schickten uns doch glatt zurück zu der Kreuzung und dann sollten wir bergab gehen. Also gut. Einen Umweg von circa drei Kilometern später kamen wir in Brevoines an und siehe da, eine GR7-Markierung, bergauf.
Steil hinauf ging es über Felder und durch den Wald nach Perrancey, Vieux, Moulins und Noidant. Hier angekommen fanden wir wiederum keine Markierung mehr. Auch der Reiseführer ließ uns im Stich, da die Wegbeschreibung, naja sagen wirs mal so: Schlecht beschrieben war. Wir entschlossen uns eine Pause zu machen und dann die restlichen 20 Kilometer nach Auberive auf der fast nur geradeaus führenden Landstraße zu laufen, denn darin hatten wir ja mittlerweile Übung.
Als Entschädigung für die Missgeschicke des Tages erwartete uns eine Herberge, für die „schön“ eine echte Untertreibung gewesen wäre. Sie war super, ein umgebautes mittelalterliches Schloss.
Tag 20 – 06.04.2014 – Marcilly-sur-Tille (40km)
Diesen Eintrag schrieb ich erst einen Tag später in mein Wandertagebuch, am Ende des Tages werdet ihr wissen warum.
Noch bevor mein Wecker klingelte, wachte ich aus einem Traum auf und dachte, der Jakobsweg der letzten zwei Wochen war ein Traum und ich liege zu Hause in meinem Bett und muss gleich zur Arbeit aufbrechen. Ich schaltete das Licht an und sah ein fremdes Zimmer: „Ich träumte nicht, ich bin tatsächlich auf dem Jakobsweg quer durch Frankreich.“
Von Auberive nach Vivey ging es steil bergauf und bergab ab durch den Wald, einige Male wurde uns das Weiterlaufen von Bäumen oder Büschen erschwert.
In Vivey entschlossen wir uns, den Weg nach Grancey-le-Chateu erneut auf der Landstraße zu bewältigen. Hinter dem Dorf kam man zu einer wunderschönen alten Kirche St. Germain, hier lud uns ein kleiner Rastplatz zu einer Mittagspause ein. Etwas später, an der Kirche vorbei, ging es wieder in einen Wald hinein und endlose Kilometer an einer alten Stadtmauer entlang. Auf einer Lichtung teilte sich der GR, für uns führte er auf der Straße nach Les Farges.
Die anschließenden Wegabschnitte nach Marey-sur-Tille und nach Villey-sur-Tille führten durch Wälder und auf Feldwegen entlang der Tille, in deren Tal. In diesem Tal staute sich die Hitze zunehmest und schnell war bei mir eine gewisse Schmerzgrenze erreicht. Zum Abschluss kamen dann noch mal einige Kilometer auf der Landstraße. Am Ortseingang von Marcilly-sur-Tille fragte mich Otto: „Sag mal, wo liegt eigentlich unser Hotel?“ Ich antwortete: „Keine Ahnung, ich kenne nur den Namen. Hotel de Gare!“ Da fiel mir ein, dass Gare auf Deutsch Bahnhof heißt, also müsste das Hotel wenigstens in der Nähe vom Bahnhof liegen. So liefen wir immer entlang der Bahngleise, irgendwann musste ja mal eine Haltestation kommen und siehe da wenige Minuten später befanden wir uns am Bahnhof und genau gegenüber war das Hotel.
Der erste Eindruck ist ja meist der Richtige. Zum Betreiber fiel mir spontan ein: „unsympathisch hoch drei“. Als er uns dann noch fragte, ob wir Frühstück haben möchten, antworteten wir: „Ja gerne und wann?“
Er: „Wann ihr wollt!“
Wir: „Halb 8 Uhr!“
Er: „Nicht vor acht!“ (Dies sagte er in einem Ton, also bitte).
Schließlich sagten wir noch, dass wir morgen ca. 30 km nach Dijon vor uns haben, vielleicht erweicht den Typen das ja.
Er: „Ist mir doch egal!“ (zumindest habe ich das so verstanden).
„Dann halt kein Frühstück!“ Nun wollte er auch gleich das Geld haben, 58 € pro Person.
Er händigte uns die Schlüssel aus und sagte uns, wo wir die Zimmer finden. Ich betrat meins und dachte gleich, das Zimmer bzw. überhaupt das Hotel hätte von mir nie im Leben diesen Preis verdient, vielleicht 18 € aber mehr nicht. Die Zimmer waren so eng gebaut bzw. so schlecht zugestellt, dass man sich mit einem großen Wanderrucksack kaum drehen konnte.
Das hauseigene Restaurant hatte heute leider geschlossen und der Betreiber war auch nicht bereit „extra“ für uns aufzumachen. Auch im restlichen Ort befand sich kein anderes Restaurant, so mussten wir zwei Kilometer weiter in den nächsten Ort laufen. Hier befand sich zwar nur eine Döner-Kebab-Bude, aber wir hatten was im Magen.
Zurück im Hotel, wollte ich mich eigentlich schlafen legen, der Tag hatte mich mehr als geschafft, circa 45 Kilometer. Leider hinderten mich meine Zimmernachbarn (nicht Otto) daran. Etwa fünf Mann, liefen in einem so lauten Schritt alle paar Minuten über den Flur von Zimmer zu Zimmer und schlugen die Türen so laut zu, dass ich fast drauf und dran war, einem davon Mal das Bein zu stellen. Auch nachdem ich mal ein lautes „Silence! (deut. Ruhe)“ von mir gab, gaben die noch lang keine Ruhe. Ich weiß nicht, ob ich gegen ein Uhr aus Erschöpfung eingeschlafen bin oder ob dann doch mal Ruhe war.
Tag 21 – 07.04.2014 – Dijon (27km)
Ohne Frühstück starteten wir nach einer schlechten Nacht in den Tag, denn auch Otto hatte kaum geschlafen. Laut Reiseführer soll es im nächsten Ort eine Bar geben. In Germanex angekommen, nichts, so eine Sch****. Also weiter.
Nur auf der Landstraße weiter nach Messigny-el-Vantox, von hier aus waren es dann noch zehn weitere Kilometer nach Dijon.
Sieben Kilometer vor Dijon sah ich am Ortsausgang von Abyx eine Verkehrsinsel inmitten einer Kreuzung. Mir war jetzt alles egal. Ich schmiss meinen Rucksack auf den Boden und streckte meine Beine aus. Kleine Pause. Zum Glück konnte man sich hier ein wenig hinsetzen.
Durch das Industriegebiet von Fontaines-les-Dijon hindurch kamen wir der Altstadt immer näher und desto ruhiger wurden auch die Straßen.
Im Zentrum angekommen, fanden wir gleich ein schönes Hotel „B&B-Hotel-Dijon“. Wir bekamen eine hier Übernachtung + Frühstück, zwar für 63 €, aber sehr gute Zimmer und Atmosphäre.
Am späten Nachmittag machte ich einen kleinen Rundgang durch die Altstadt und reservierte einige Unterkünfte für die nächsten Tage in der Touristeninformation. Die nette Frau konnte sogar gutes Deutsch.
Nun war ich ja bereits in so einigen Touristeninformationen. In allen konnte man englisch und in Zweien bisher auch sogar (wenn auch nur ein wenig, aber immerhin) Deutsch. Ich glaube wenn ich in Deutschland, z.B. Jena, in die Information gehen würde, dann können die bestimmt nur deutsch.
Abends genehmigten wir uns ein gutes Essen in einer Pizzeria, nicht typisch für Frankreich aber sehr reichhaltig.